In dieser Woche war Thomas Monopoly einer der bestimmenden Namen im Social Web. Gerne erinnern wird er sich an diese Woche wohl dennoch nicht, auch wenn sie letztlich ein Happy End haben sollte. Die Rede ist von dem Google-Nutzer, dem erst der Google Account gesperrt (nein, nicht gelöscht) wurde und der ihn dann zurück bekam. Interessant ist der Fall aus vielen Gründen, mir geht es hier aber weder um die moralischen Aspekte oder um die Frage nach der Verantwortung gegenüber den Nutzern – mir geht es um das Vertrauen.
Vertrauen ist alles was zählt! Wirklich?
Vertrauen muss man sich hart erarbeiten. Das dauert mitunter lange und ist sehr mühsam, kann im Gegenzug aber leicht wieder verspielt werden, mit nur einem Fehler. Auch Reputation und Ansehen werden stark vom Vertrauen beeinflusst. Es handelt sich also um ein äußerst hohes Gut, dass nicht leichtfertig auf’s Spiel gesetzt werden sollte. Ist es einmal verloren, bekommt man es so leicht nicht wieder.
Soweit einverstanden? Wirklich? Ich nicht.
Vertrauen wird überbewertet. Vertrauen ist ein Nice-to-have, aber keine unabdingbare Notwendigkeit. Vertrauen ist eher eine Momentaufnahme als ein überdauerndes Gut. Zumindest im Social Web.
Ihr glaubt, vertraut mir nicht? Gut. Sehr gut sogar. Dann habt ihr jetzt genau die richtige kritische Grundhaltung, um meine Argumente aufzunehmen und euch selbst eine Meinung zu bilden. Denn mal ehrlich: Habt ihr euch schon mal Gedanken über das Vertrauen gemacht?
Vertrauen wir besser nicht auf den Verlust des Vertrauens
Thomas Monopoly hatte großes Vertrauen in Google. Er nutzte viele Dienste und legte seine komplette digitale Identität in die Hände von Google Mail, Reader, Blogger, Picasa und Co. Dann passierte das, was in seiner Vorstellung wohl nie hätte passieren dürfen: Sein Vertrauen wurde mit einem Schlag zunichte gemacht. Google sperrte seinen kompletten Account und sieben Jahre seiner digitalen Webpräsenz wurden ins virtuelle Nirvana verschoben. Sein Vertrauen zu Google war zerstört und er plante die vollkommene Abkehr von allen Googlediensten, denn sein Vertrauen in das Unternehmen sei zerstört.
Ein paar Tage später – mittlerweile wissen wir, dass der Fall Monopoly nicht so einfach war, wie es zunächst schien – schreibt er in seiner Stellungnahme zur Aufklärung der Account-Sperrung, er sei Google gar nicht böse, denn letztlich sei alles irgendwie ja doch nur ein Missverständnis gewesen. Nüchtern betrachtet stimmt das so nicht, denn es ging eher um die Interpretation eines Bildes. Aber wie auch immer man den Fall selbst bewertet, eine vertrauensbildene Maßnahme von Google war es nicht – und dennoch will Thomas Monopoly jetzt wieder Google-Dienste einsetzen. So viel also zum Thema: Vertrauen muss man sich hart erarbeiten und hat man es erst verloren, bekommt man es nicht so leicht zurück.
Weitere Beispiele zerstörter Vertrauen
Nehmen wir uns doch noch kurz Zeit für einige weitere Beispiele. Da wäre noch Facebook. Was, wenn nicht die Privatsphäre der Nutzer, könnte wichtiger für das Vertrauen in ein Social Network sein, dem die Nutzer schließlich jede Menge sehr persönlicher Daten anvertrauen? Und Facebook passt die Privatsphäre dann doch lieber den Bedürfnissen der werbenden Unternehmen an und hat dabei nur den eigenen Profit im Hinterkopf. „Wir brauchn keine Privatsphäre mehr“, meint Mark Zuckerberg, doch die Nutzer wollen einfach nicht hören und jammern so laut und lange, bis Facebook wieder einlenkt und die Einstellungen ändert. Das passiert mehrfach und doch wächst die Zahl der Nutzer weiter und weiter – auch ohne Vertrauen.
Und um den Reigen der Großen zu komplettieren werfen wir noch einen Blick auf Apple. Auch das Glamour-IT-Unternehmen aus Cupertino spielt nicht immer mit offenen Karten. So wurden die Aufenthaltsdaten von iPhone- und iPad-Nutzern dauerhaft gespeichert und sogar unverschlüsselt auf den Rechner der Besitzer abgelegt. Skandal schreien viele und Apple beeilt sich unter dem Druck der Negativschlagzeilen mit einem Update die Problematik aus der Welt zu räumen. Dennoch wird Apple genau wie Google und Facebook immer wieder als Datenkrake bezeichnet. Und trotzdem werden die Schlangen vor den Apple Stores wieder bis zum nächsten Straßenblock und weiter reichen, wenn das iPhone 5 endlich auf den Markt kommt.
Vertrauen ist nichts anderes als ein Nice-to-have-Feature
Was sagen uns die Beispiele Google, Facebook und Apple? Vertrauen ist lange kein Must-have mehr, sondern lediglich ein Nice-to-have-Feature. Der völlige Verzicht auf Google-Dienste hört sich im Falle von Thomas Monopoly ja schon sehr plausibel an, aber wie würde das denn in der Praxis aussehen? Selbst wenn jemand von all seinen Daten Backups anlegt, so das denn überall möglich ist, wo sollte man sie denn wieder importieren?
Ähnlich sieht es (noch) bei Facebook aus. Klar ist das Vertrauen einer Grundskepsis gewichen, aber Nutzer hat es Facebook nicht gekostet, denn es gibt ja noch so viele andere Features, auf die man nicht verzichten kann oder will. So lange es keine Alternative für die Masse gibt, wird sich daran auch nichts ändern. Aber vielleicht schafft es ja Google+ zu einer ernstzunehmenden Alternative heranzuwachsen. Aber moment… Google? Da war doch was…?
Und bei Apple wurde aus der peinlichen Datenspeicherpanne schnell ein Feature. Mit dem iPhone-Tracker konnte man doch so schön visualisieren, wo man sich in den letzten Monaten überall aufgehalten hat. Toll, wirklich. Nicht wenige haben sich das als echtes Feature von Apple gewünscht.
Vertrauen ist eben weniger wichtig, als man gewillt ist zu glauben. Stimmen die anderen Features, so kann man das Nice-to-have-Feature Vertrauen auch mal vernachlässigen. Vertraut mir, es stimmt.
Bildnachweis: Foto: juggernautco / flickr.com, Lizenz: CC-BY-SA
8 Antworten zu “Die Sache mit dem Vertrauen – warum Datenkraken wie Google, Facebook oder Apple nicht scheitern”
Vertrauen – das war doch einer der Säulen mit denen Diaspora kokettiert hat. Wenn ich mir den Fortschritt des Projektes ansehe, dann scheint das, im Vergleich zu anderen, nicht sehr erfolgreich zu sein.
Zu wissen, das das Internet öffentlich ist, bevor man etwas macht oder sagt, das ist das einzige, was nützt. Das hat mit Vertrauen nichts zu tun. Denn man braucht es dann nicht.
@Torsten: Ja, wenn es wirklich noch um Vertrauen gehen würde, dann würde Diaspora heute wohl die Rolle von Google+ spielen und Google+ wäre schon jetzt ein Wave 2.0 😉
Vertrauen im Netz?? Wer Vertraut darauf das seine Daten sicher sind, ist wohl verlassen. Wobei ich hier immer sagen muss: Wer nicht weis was er ins Netz stellt und dazu nicht stehen kann sollte es lassen.
Generell gilt hier wohl: Schreiben ist Silber // Nicht schreiben ist Gold.
Oder einfach damit leben was man über sich bekannt gibt und dazu stehen.
Wer ein solches Vertrauen ins Netz hat, hat eigentlich schon verloren. So einfach ist das.
Ich schließe mich hier mal der vorherrschenden Meinung an: Wer sich im Netz bewegt, der bewegt sich öffentlich. Ich vertraue auch nicht jedem Fremden auf der Straße.
Im Netz vertraue ich mir sogar nicht einmal selbst und sichere alle wichtigen Daten ganz klassisch auf Papier. Ein Rechner der mehr Daten enthält, als man innerhalb eines Tages auch bei Totalverlust wieder herstellen könnte, ist grundsätzlich zum Scheitern verurteilt.
Aber nun zurück zu Facebook und Google, wie erfolgreich wären diese wohl, wenn sie sich über bezahlte Accounts finanzieren würden? Für mein Gut Daten bieten sie mir eine Menge Dienstleistungen und wenn ich damit nicht einverstanden bin, dann mein Gott, mich zwingt ja keiner es zu nutzen. Zu denken, man würde Dinge ohne Gegenleistung bekommen, gerade im Internet, ist völlig falsch. Entweder man landet damit bei einem Weltverbesserer oder tappt blind weiter durch die Welt.
Gruß
Marc
Trotz aller Skepsis locken diese Dienste so sehr. Google hält uns den Apfel hin und wir beißen genüsslich hinein – obwohl wir wissen, dass da Würmer drin sind.
Da wird Luxus und Bequemlichkeit mit der Aufgabe der Anonymität erkauft – und vielen ist es egal, weil es so schön glänzt und alles so toll funktioniert.
Diese Schere wird sich künftig immer mehr spreizen – was früher undenkbar gewesen ist, wird zur Normalität.
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Als ich die Überschrift las, war ich voller Hoffnung auf einen spannenden Artikel, neue Ansätze und vielleicht auch ein wenig Tiefenschärfe im Bezug auf dieses viel diskutierte Thema.
Ich beziehe mich auf die sozialen Netzwerke.
Doch geht es bei diesem bei sozialen Netzwerken denn wirklich nur um Vertrauen? Sind wir denn schon wirklich soweit im persönlichen Kontakt zurückgeschritten, als das wir dieser Plattform soviel Vertrauen entgegenbringen müssen, da wir Daten von uns Preis geben, deren öffentliche Bekanntmachung uns Angst einjagt? Nein, das sind wir nicht und Vertrauen bestand zumindest meinerseits auch nur in einem geringen Umfang bezüglich solcher Netzwerke.
Ein zweiter Punkt, der in diesem Artikel Anklang fand, ist der „Verkauf“ der Daten. Mal eine andere Sichtweise: der Benutzer ist natürlich für die Daten, die er von sich Preis gibt, weithingehend selbstverantwortlich. Aus diesen hieraus gewonnenen Daten (wer was mag, wer mit wem im Kontakt steht, wer sich wozu kund tut, etc. etc.) werden gespeichert, quantitativ ausgewertet und auch dafür benutzt, um individuell zugeschnittene Werbung an den Benutzer kommen zu lassen. Durch diesen individuellen Zuschnitt hat diese Werbung natürlich eine viel höhere Möglichkeit zu fruchten. Dieses Werbemodell steht noch in Kinderschuhen, hat aber gewaltiges Potential, denn wer würde sich nicht daran erfreuen, das ihm Produkte vorgeschlagen werden, die seinen Vorstellungen entsprechen udn er sich nicht durch den gewaltigen Waren-Djungel durchschlagen muss? Welche Gefahren das birgt will ich an dieser Stelle auch garnicht weiter erläutern.
Es steht also dem Benutzer frei, welche Daten er von sich preisgibt, und ist somit auch dafür verantwortlich, wieviel Gewinn und Nutzen er Facebook aus seinen Aktivitäten ziehen lassen will. Was es hierbei Bedarf ist also kein Vertrauen, sondern eine gesunde Grundskepsis. Es muss den Benutzer bewusst werden, das er bei dem Aufbau eines individuellen Werbemonopols mithelfen will, oder nicht.
Man sollte abwägen, welche Bedeutung man sozialen Netzwerken zukommen lässt und wieviel man lieber im persönlichen Rahmen bei einem Kaffee mit Leuten bespricht, denen man vertraut. Auch wenn man dafür weniger Likes bekommt. 😉
Soziale Netzwerke bekommen nur jene Macht, welche man ihnen zukommen lässt. Und die Verschmelzung von Öffentlichem und Privatem ist eine zu interessante Entwicklung, um an ihr nicht teilhabe zu wollen.