Wenn man mit B2B-Unternehmen über Social Media redet, hört man sehr schnell und sehr oft: „Das ist nichts für uns, da sind unsere Kunden nicht!“ Wir ahnen zwar, dass dem nicht so ist, aber harte Zahlen sind immer bessere Argumente als Bauchgefühle und Meinungen. Diese Fakten liefert nun eine interessante B2B-Studie.
Social Media in B2B: „Das hilft uns nicht!“
Social Media hat die Unternehmenskommunikation nachhaltig verändert, das ist sicher unstrittig. Einer der wenigen Streitpunkte ist aber die digitale Kommunikation von B2B-Unternehmen – Unternehmen also, die keine Konsumenten als Endkunden haben, sondern andere Unternehmen. Facebook, Twitter & Co. gelten vor allem als Kommunikationswerkzeuge zum Erreichen der breiten Masse und ist damit besonders für B2C-Unternehmen geeignet. Die daraus ableitbare Gegenthese „Social Media bringt für B2B nichts, weil die Zielgruppe nicht erreicht wird“ steht seit Jahren im Raum und hält sich vor allem bei KMU sehr hartnäckig. Wenn sie dann doch Social Media betreiben, dann meist weniger zur Kommunikation, sondern eher zum Aufbau von Reputation oder um Social Signals für das Google-Ranking zu generieren.
Wie sichtbar sind die B2B-Unternehmen im Social Web?
Warum das nicht alle Gründe sein müssen und sollten, möchte ich mit Hilfe einer interessanten Studie zeigen, die Volker Davids in Kooperation mit dem Social Media Monitoring Anbieter Brandwatch und UK Trade & Investment erstellt hat und die einem kleinen Kreis von Interessierten gestern in der Britischen Botschaft in Berlin vorgestellt wurde. Die Studie wird am morgigen 2. April veröffentlicht (hier geht’s zur Studie „B2B Social Media Report 2013“).
Für diese Studie wurde mit dem Brandwatch-Tool die Sichtbarkeit von 150 B2B-Unternehmen aus Deutschland gemessen. Eingeflossen sind dabei alle öffentlichen Markennennungen in News-Portalen, auf Twitter und Facebook, in Blogs, auf Review-Seiten, Video- und Foto-Plattformen sowie in anderen Social Networks und Webseiten. Die tatsächliche Zahl der Nennungen kann also deutlich höher ausfallen, da beispielsweise die Facebook-Gruppen und andere nichtöffentliche Quellen nicht einfließen. Für den Vergleich der B2B-Unternehmen untereinander ist das aber nicht weiter tragisch, denn davon sind alle betroffen. Gemessen wurden alle Erwähnungen im kompletten Jahr 2013, so können saisonale Effekte keinen Messfehler provozieren.
Die Ergebnisse in Stichpunkten:
- Der Mittelwert aller Markentreffer der 150 B2B-Unternehmen liegt bei 2.616, auf Social Media entfallen davon mit 1.286 knapp die Hälfte.
- Bei den SoMe-Kanälen liegen die Foren (16 Prozent) vor Twitter (14 Prozent), Blogs (7 Prozent) und Facebook (6 Prozent).
- Zum Vergleich: Bei britischen B2B-Unternehmen führt Twitter mit 48 Prozent, gefolgt von den Nachrichtenseiten mit 25, Facebook mit 12 und den Foren mit 7 Prozent.
- Im Jahresverlauf wurden zwei gegenläufige Trends beobachtet: Die Nennungen in den Blogs nimmt kontinuierlich ab, die Nennungen bei Facebook dagegen gleichermaßen stark zu. Die Ursache dafür ist nicht klar auszumachen und muss diskutiert werden.
- Bei den Themen dominieren „Produkte & Leistungen“ mit einem Drittel aller Nennungen, gefolgt von Themen aus der Unternehmenskommunikation (20 Prozent) und Investor Relations (17 Prozent). Servicethemen liegen mit 12 Prozent abgeschlagen auf dem vierten Platz.
- Die Social-Media-Aktivitäten nehmen im Verlauf des Jahres 2013 deutlich zu, ein Trend, der auch im Vergleich mit dem Februar 2014 weiter anhält (plus 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat). Damit liegt der Social-Media-Anteil bei den gesamten Nennungen jetzt bei über 55 Prozent.
Folgerungen aus den Studienergebnissen
Welche Schlüsse können wir nun aus diesen Ergebnissen ziehen? Knallharte Aussagen sind zunächst einmal schwierig, weil es die erste Erhebung dieser Art ist, im nächsten Jahr lässt sich da schon mehr sagen. Doch auch so sind die Ergebnisse interessant. So kann man klar erkennen, dass es bei vielen B2B-Unternehmen noch reichlich ungenutztes Potenzial gibt, denn nur 24 der 150 Unternehmen liegen über dem Mittelwert der Nennungen. Das hängt auch mit der Unternehmensgröße und dem Umsatz zusammen, denn elf der 20 umsatzstärksten B2B-Unternehmen finden sich auch im Top-20-Ranking wieder. Allerdings gibt es dort mit Liquid Moly und Festool auf den Plätzen 3 und 4 auch zwei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 500 Millionen Euro.
Es gibt also für die B2B-Unternehmen in Deutschland noch viel Arbeit, denn was auch für B2C-Unternehmen gilt, macht auch vor dem B2B-Bereich nicht halt: Social Media gehört als struktureller Bestandteil in jede Digitalstrategie, nur die Zielsetzungen variieren dabei. Geht es im B2C-Bereich vor allem um die Kommunikation mit dem Endverbraucher, so konzentriert sich die B2B-Kommunikation auf Ziele und Themen wie Imagepflege, Human Ressources und Investor Relations. Wünschenswert wäre hier eine Steigerung beim Service.
Weitere Gründe für B2B-Social-Media
Es gibt den treffenden Spruch: „Am Ende jeder noch so langen B2B-Kette ist ein C zu finden“. Das bedeutet nichts anderes, als dass am Ende jeder Produktionskette wieder ein Endverbraucher steht, der das Produkt erwirbt. Nun mag es dafür auch Ausnahmen geben, aber aus meiner Sicht bestätigen diese dann lediglich die für die Mehrheit geltende Regel. Ein schönes Beispiel ist dafür der Global-Player BASF. Der umsatzstärkste Chemiekonzern der Welt stellt selbst wenig bis gar keine Endverbraucher-Produkte her, ist aber ein Zulieferer für sehr viele Unternehmen aus den verschiedensten Branchen. Nun ist ein Chemiekonzern per se eher keine Lovebrand, was einen Social-Media-Auftritt nicht begünstigt, zumal es sich um ein B2B-Unternehmen handelt. Doch die BASF nutzt Social Media dennoch bereits seit vielen Jahren als integrativen Bestandteil der Unternehmenskommunikation und spielt dabei nicht nur reine Businessthemen, sondern kümmert sich auch um das Unternehmensimage beim Endkunden. Im Mittelpunkt stehen dabei oft Produkte, die die B2B-Kunden der BASF aus den gelieferten Rohstoffen produziert haben.
Das ist sicher nur eine von zahlreichen Möglichkeiten, wie B2B-Unternehmen im Social Web Sichtbarkeit erzeugen und Imagepflege betreiben können. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie sich die digitale B2B-Kommunikation weiterentwickelt und wie lange es noch dauert, bis sich Social Media in den Köpfen der B2B-Entscheider festgebrannt hat.
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