Im Bereich der digitalen Kommunikation und des Social Media Marketings passiert aktuell sehr viel. Neue Buzzwords poppen schneller auf, als die alten verblassen. Das mag den einen oder anderen stören, aber ändern lässt sich das vermutlich nicht mehr. Worum es bei all den neuen digitalen Säuen genau geht, war Gegenstand einer aus meiner Sicht sehr interessanten Veranstaltung: Geschätzt 120 Social Medianer trafen sich in Hamburg zum Digital Media & Marketing Summit 2013.
Es gibt Veranstaltungen, die sind so groß, dass es nach Vorträgen eher schwierig ist, mit den Speakern in Kontakt zu treten, um Fragen, Anregungen oder Kritik los zu werden. Die re:publica gehört in diese Kategorie, die meist auch noch das Problem hat, dass die Teilnehmer sehr unterschiedliche Vorkenntnisse mitbringen. Diese beiden Probleme gab es an den beiden Tagen auf dem Digital Media & Marketing Summit 2013 in Hamburg nicht. Hier trafen Social Media Verantwortliche aus Unternehmen, Konzepter von Agenturen und Kommunikatoren von Lösungsanbietern aus den Bereichen Social Media Monitoring und Social CRM zusammen.
Unternehmen brauchen Blogger – Facebook ist nicht das Internet!
In vielen der vorgestellten Beispielen stand die Plattform Facebook im Zentrum der Kommunikation. Das ist angesichts der großen Nutzerzahl der führenden Social-Media-Plattform auch nicht weiter verwunderlich, und dennoch kann man Unternehmen, Marken und Organisationen nur davor warnen, ihre digitale Kommunikation nach außen nur bei Facebook stattfinden zu lassen. Ich sehe Facebook mehr als eins von mehreren Transportmitteln auf dem Weg zur erfolgreichen Kommunikation mit der Zielgruppe. Das hat gleich mehrere Gründe.
Der erste hört sich zunächst etwas merkwürdig an, denn auch wenn die Reichweite bei Facebook am größten ist, man sperrt viele Interessenten aus, wenn man nur auf Facebook setzt. Zwar hat Facebook immer noch mit Abstand am meisten Nutzer, so dass man über eine Fanseite auch viele Personen erreichen kann, doch das Social Network ist nicht bei allen beliebt. Neben den reinen Facebook-Verweigerern gibt es auch noch eine Personengruppe, die grundsätzlich Probleme mit sozialen Plattformen hat, weil sie dort persönliche Informationen angeben müssen. Der zweite Grund wird gerne ins Reich der bloßen Theorie verschoben, doch so unmöglich ist der Tod von Facebook bei Einbeziehung der Vergangenheit auch wieder nicht. Warum ich das prinzipiell für möglich halte, würde hier aber den Rahmen sprengen. Daher möchte ich an dieser Stelle nur einen Gedankenanstoß geben: Überlegt mal, was mit den ganzen Daten, der Fanbase und all den Erfolgen bei Facebook passiert, wenn es die Plattform irgendwann nicht mehr geben sollte! Das Internet geht nicht mehr weg, bei Facebook ist das weit weniger sicher.
Benutzt man nun Facebook weniger als digitale Informationsschaltzentrale, sondern mehr als einen digitalen Hub zur Verbindung mit den Fans, Kunden und Interessierten, so stellt sich natürlich die Frage: Was ist dann die zentrale Informationsablage im Netz? Eine mögliche Antwort darauf ist ein Blog. Hier kann ein Unternehmen nicht nur alle Informationen und Geschichten platzieren, es behält auch die volle Kontrolle darüber. Die Fanpage fungiert dann als ein Verbindungsweg zum Blog und den Informationen des Unternehmens. Diese Content-Strategie ermöglicht es Unternehmen auch zusätzliche soziale Kanäle als Kommunikationswege zu nutzen, ohne dafür zusätzliche Inhalte produzieren zu müssen. Ein Blogbeitrag wird dann bei Facebook, Twitter und Google+ zielgruppengerecht angeteasert und bespielt damit gleich mehrere Kanäle. Zudem sind die Informationen auch noch über die Googlesuche auffindbar, was nicht für Informationen gilt, die lediglich bei Facebook gepostet werden.
Schön fand ich auf dem d2m13, dass wir gleich mehrfach zu hören bekamen, dass ein Blog geplant und bereits auf dem Wege sei. Bleibt mir den Unternehmen, Marken und Organisationen zu wünschen, dass sie ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Blogger und der Inhalte haben. Ein Selbstläufer ist das sicher nicht, ein Hexenwerk aber ebenso sicher nicht. Es kommt – wie bei der Kampagnenplanung – natürlich auch auf die zur Verfügung stehenden Inhalte und die zu repräsentierende Marke an. Den für mich prägendsten Satz lieferte dazu Patrick Wassel von Faktor 3: „Eine Love-Brand lässt sich besser vermarkten als Tütensuppe!“. Word, würde ich sagen 😉
Relevanz vor Reichweite – richtiger Ansatz vom WWF Deutschland
Zu den Vortragenden gehörte auch Melanie Gömmel vom WWF Deutschland. Ihr Thema war „Relevanz vor Reichweite: Warum die Anzahl der Fans nicht entscheidend ist“. Der WWF wäre eigentlich prädestiniert für eine gigantische Fananzahl, denn niedliche Tierbilder befinden sich im Bildarchiv des WWF zuhauf. Doch Melanie Gömmel und das Social-Media-Team des WWF setzt lieber auf Relevanz, denn auf Cat Content. Statt also die Fanzahl mit niedlichen Tierbildern auf mehrere Millionen hochzutreiben, werden ernsthafte Postings zu ebenso ernsthaften Kampagnen, Petitionen und politischen Themen veröffentlicht. Aus meiner Sicht ist das genau der richtige Weg, denn die Aufgabe des WWF Deutschland ist der Naturschutz und nicht die Unterhaltung mit Cat Content.
Zielgerichteter Fanaufbau mit einer klaren Contentstrategie ist aus meiner Sicht sehr viel erfolgsversprechender als sich auf das bei Facebook so beliebte Interaktionsgeheische einzulassen. Lieber einige Fans weniger, aber dafür auch eine treue, unverwässerte Fanbasis, die sich wirklich für die Inhalte und Themen interessiert. Auch der Hinweis auf eine größere Reichweite mit mehr Fans, ist für mich kein Argument. Der WWF Deutschland hat aktuell etwa 130.000 Facebookfans und steht damit im Vergleich zu ähnlichen Organisationen sehr gut da. Vielleicht ist hier auch irgendwann das Ende des Wachstums erreicht, weil nicht mehr Menschen in Deutschland bereit sind, sich mit solchen ernsthaften Themen auseinanderzusetzen…
6 Antworten zu “Von Love Brand vs. Tütensuppe bis Relevanz vor Reichweite [#d2m13]”
So true! Danke für den tollen Beitrag! Leider sehen einige Unternehmen das noch nicht so und setzen lieber auf Facebook als Allheilmittel … noch. 😉
Danke Heiko! Ich versuche dran zu arbeiten, aber das wird leider noch länger dauern und sicher auch nicht alle Unternehmen erreichen. Ich will Facebook auch gar nicht verteufeln, aber eben doch die Sichtweise etwas weg von einer Content-Plattform und hin zu einem Transportmittel bewegen 😉
Buzzword = Schlagwort. Für diejenigen, die wie ich nicht wissen, was es bedeutet.
Ich nutze Facebook übrigens fast nur, um auf neue Beiträge in meinen diversen Blogs hinzuweisen … und auf private Informationen jeglicher Natur verzichte ich bei FB völlig. Ich verschenke meine Daten nicht, damit andere damit Kohle machen können.
Danke für den Hinweis 😉 Eigentlich versuche ich immer solche Begriffe so herunterzubrechen, dass sie jeder verstehen kann. Das klappt leider nicht immer, weil man manchmal schon sehr in dieser Buzzword-Bingo-Welt gefangen ist, in der es anscheinend sehr wichtig ist, neue Begriffe für alte Dinge zu erfinden. Ich gelobe Besserung 🙂
[…] Ein guter Rückblick auf den Digital Media & Marketing Summit 2013 in Hamburg findet sich im “Wissensucher”-Blog unter der Überschrift “Von Love Brand vs. Tütensuppe bis Relevanz vor Reichweite [#d2m13]“: […]
[…] Zugegeben: Zum heutigen Zeitpunkt sicher etwas Schwarzmalerei. Indizien für diese mögliche Entwicklung: Auf Google+sind schon heute Seiten und Communities zu finden, die sich wesentlich enger an konkreten Thema orientieren. Auch wenn hier lediglich die digitale Bohème unterwegs ist, so zeigt es doch, dass die Relevanz insbesondere von Facebook durch sinnbefreite Kommunikation abnehmen kann. Denn diese Bohème ist Vorreiter und Trendsetter zugleich. Mit Strahlkraft auf die vielen anderen an ernsthafter Information interessierten Mitglieder von Facebook. Gut auf den Punkt gebracht muss meiner Meinung nach gelten: Relevanz vor Reichweite! […]