Deutsche Bahn bei Google+: Best Practice für dialogorientierte Kommunikation

Deutsche Bahn bei Google+: Best Practice für dialogorientierte Kommunikation

Die Deutsche Bahn sorgte in diesen Tagen für einige Verwunderung im Social Web. Grund dafür waren zahlreiche Einkreisungen von Personen der offiziellen Pages bei Google+. Ich habe das Social-Media-Team der DB Bahn dazu befragt und sehr interessante sowie einleuchtende Antworten bekommen. Unternehmen, Marken und Organisationen können hier von der Bahn lernen.

Deutsche Bahn: Selten geliebt, doch kommunikativer als manche „Love Brand“

Die Deutsche Bahn gehört für mich zu den interessantesten Unternehmen, wenn es um die Sicht auf die Kommunikation geht. Kaum ein Unternehmen in Deutschland dürfte eine größere Zielgruppe haben, als die DB. Als „Love Brand“ wird sie trotzdem kaum jemand bezeichnen wollen, dazu sind Verspätungen, technische Probleme beispielsweise mit den Klimaanlagen in den Fernzügen oder auch Preisanstiege zu gut für den kleinen Ärger zwischendurch geeignet. Auf die Bahn zu schimpfen ist hipp und sorgt im Social Web schnell für großen Zuspruch ebenfalls „Betroffener“. Eine Diskussion darüber, wie fair das dann im Einzelfall ist, würde hier aber den Rahmen sprengen und trotzdem kein objektives Ergebnis bringen können.

Umso bemerkenswerter finde ich daher die intensiven Bemühungen der DB Bahn mit ihren Kunden in den Dialog zu treten. Bei Twitter beispielsweise gibt es mit @DB_Bahn einen eigenen Servicekanal und auch bei Facebook einen solchen expliziten Servicekanal, der Kundenanfragen in der Regel sehr zügig bearbeitet. Trotz der zum Teil recht heftigen Kritik geht die Bahn also mit Serviceangeboten auf die Kunden zu. Dass sie dies auch sehr aktiv und strategisch geplant tut, wurde in dieser Woche bei der dritten großen Plattform im Social Web sichtbar: Das Social-Media-Team kreiste aktiv für mehrere offizielle Pages Personen ein. Das sorgte für Verwirrung, denn in der Regel machen das Unternehmensseiten in diesem Ausmaß nicht. Genau genommen ziehen die meisten Pages nur die eigenen Mitarbeiter in die eigenen Kreise.

Interview mit dem Social-Media-Team der DB Bahn

Warum also kreiste die Bahn nun im großen Stile Personen bei Google+ ein? Dazu habe ich dem Social-Media-Team einige Fragen gestellt:

1. Die Deutsche Bahn hat für Gesprächsstoff im Social Web gesorgt, weil mehrere Google+ Pages in großer Zahl Personen eingekreist haben. Was steckt da für eine Idee dahinter?

SoMe-Team der DB: Es stecken zwei Ziele hinter dem aktiven „Einkreisen“ anderer Personen bei Google+.

Zum einen hilft uns das aktive Einkreisen wichtige Kommunikationspartner für uns zu sortieren. So versuchen wir interessante Beiträge aufzuschnappen, die unsere Themen berühren.

Zum anderen möchten wir natürlich ein wenig auf unsere Aktivitäten auf Google+ aufmerksam machen. Wir sind am 13.06.2013 auf Google+ mit einem für Deutschland bisher ungewöhnlichen Konzept gestartet.

Mittelpunkt unserer Aktivitäten ist die DB Bahn Community. Hier möchten wir einen Raum zum Austausch rund um den Personenverkehr der Deutschen Bahn bieten.

Neben und in der Community gibt es zwei Google+-Seiten: Mit DB Bahn haben wir ein klassisches Unternehmensprofil. Über dieses geben wir Einblicke hinter die vielfältigen Kulissen von DB Bahn und informieren über unsere Angebote.

Außerdem gibt es das DB Bahn Community Team. Mit diesem Profil moderieren wir die Community. Besonders wichtig ist uns dabei die Kommunikation auf Augenhöhe. Dazu gehört für uns auch, dass wir bei diesem Profil mit Gesichtern und Namen auftreten.

2. Warum habt ihr diesen Zeitpunkt ausgewählt?

SoMe-Team der DB: Wir sind vor ca. vier Wochen auf Google+ gestartet. Nach den ersten Schritten ist das Einkreisen für uns der nächste logische Schritt. Wir möchten ja nicht nur „beschallen“ sondern sind an einem echten Dialog interessiert. Und Dialog ist ja immer etwas Beidseitiges.

3. Wie wählt ihr aus, wen ihr einkreist?

SoMe-Team der DB: Wenn wir jemanden einkreisen, kann das verschiedene Gründe haben: Zum einen haben wir Blogger, wie Dich, eingekreist. Zum anderen haben wir in der Community schon einige Mitglieder identifiziert, die sehr gutes Hintergrundwissen rund um unsere Themen haben. Auch diese möchten wir für uns in Kreise sortieren.

4. Es gab einige Irritation durch die Einkreisungen – hat euch das überrascht?

SoMe-Team der DB: Wenn eine Marke, wie DB Bahn, Personen einkreist kann das natürlich für eine Überraschung sorgen. Gerade, wenn die eingekreiste Person uns noch nicht folgt. Trotzdem waren wir ein wenig erstaunt, wie viele Leute sich überrascht gezeigt haben. Daher haben wir auf beiden Seiten einen Beitrag hierzu veröffentlicht.

5. Wie wichtig ist euch der Auftritt bei Google+ – vielleicht auch im Vergleich zu Twitter und Facebook?

SoMe-Team der DB: Für uns sind alle unsere Auftritte gleich wichtig. Wir sind ja mittlerweile in vier Netzwerken aktiv: Facebook, Twitter, YouTube und eben Google+. Die Auftritte haben aber unterschiedliche Ausrichtungen. Das liegt auch an den Rahmenbedingungen der Plattformen.

Auf Twitter steht für uns der schnelle Kundenservice im Vordergrund. Auf Facebook haben wir eine Mischung aus Kundenservice, Marketing und dem Schaffen von Nutzwert durch die verschiedenen Apps, wie z.B. den Verkehrsmeldungen.

YouTube ist für uns in erster Linie eine Hosting-Plattform für unsere Videos. Und auf Google+ möchten wir einen gleichberechtigten Austausch in der Community. An diesem möchten wir uns über Hintergrundberichte und Aktionen beteiligen.

Eine Übersicht über unsere Aktivitäten findet man auf unseren Seiten bei Bahn.de.

Die Kommunikationskanäle der Deutschen Bahn in der Übersicht (Bild: Deutsche Bahn).

Die Kommunikationskanäle der Deutschen Bahn in der Übersicht (Bild: Deutsche Bahn).

6. Habt ihr ein spezielles G+ Team oder gehören bei euch alle Kanäle in ein Team?

SoMe-Team der DB: Es gibt zwei Teams für die Aktivitäten von DB Bahn im Social Web, die sehr eng zusammenarbeiten. Das Service- und Dialogteam für Facebook und Twitter beantwortet Serviceanfragen auf diesen Kanälen von Montag bis Sonntag und das in der gewohnten Schnelligkeit.

Außerdem gibt es ein zweites Team. Dieses ist für die Social-Media-Strategie, die Content-Planung, das Monitoring und Reporting sowie für die Kampagnen auf allen Plattformen zuständig. Dieses Team übernimmt auch das Community Management auf Google+.

7. Bei Facebook habt ihr mit dem Chefticket 2010 schon mal eine, was den Abverkauf angeht, erfolgreiche, aber was die Kommunikation angeht, weniger erfolgreiche Aktion gestartet. Wirken solche Erfahrungen auch auf Experimente auf anderen Plattformen nach oder könnt ihr Google+ quasi als „Neuland“ betreten?

SoMe-Team der DB: Das Chefticket wird der Marke DB Bahn bei den Social-Media-Experten wohl noch eine Weile anheften. Der Otto-Normal-Nutzer hat diese Aktion wahrscheinlich schon lange nicht mehr im Gedächtnis. Mit dem Start der Kanäle @DB_Bahn auf Twitter und DB Bahn auf Facebook haben wir gezeigt, dass wir es mit dem Dialog in Social Media ernst meinen und das möchten wir auch auf Google+ zeigen.

Google+ ist für uns aber trotzdem auch ein wenig „Neuland“ und wir lernen auch hier täglich hinzu.

8. Seht ihr G+ lediglich als weiteren Kommunikationskanal oder bietet die Plattform aus Sicht der Deutschen Bahn besondere Möglichkeiten?

SoMe-Team der DB: Google+ ist für uns natürlich zum einen ein Kommunikationskanal. Wichtiger ist für uns aber der Dialog auf Augenhöhe mit Menschen, die sich für den Personenverkehr der DB interessieren. Diese Möglichkeit haben wir über die Community-Funktion von Google+. Kommunikation hätten wir auch „nur“ mit einer Unternehmensseite machen können. Das wollten wir aber ganz bewusst nicht.

9. Was dürfen wir denn in der Zukunft von der Deutschen Bahn bei Google+ noch erwarten?

SoMe-Team der DB: Wir haben einiges geplant für die Zukunft. Aber wir wollen ja nicht die ganze Spannung rausnehmen. Am schnellsten erfährt man von unseren Plänen, wenn man Mitglied der Community wird und den Seiten folgt. 🙂

10. Habt ihr für die Zukunft noch weitere Kanäle in Vorbereitung?

SoMe-Team der DB: Im Moment gibt es keine konkreten Pläne für weitere Kanäle. Das schließt aber Entwicklungen in der Zukunft natürlich nicht aus. Wenn sich die Anforderungen der Nutzer verändern, werden wir darauf zu reagieren und ggf. weitere Kanäle aufbauen. Aber das ist Zukunftsmusik und die Zukunft können wir auch nicht vorhersagen.

Fazit: So geht dialogorientierte Unternehmenskommunikation

Ich war von den Einkreisungen der Deutschen Bahn bei Google+ auch überrascht, aber positiv. Verwundert war ich dagegen nicht, denn Einkreisungen von Personen aus der kommunikativen Zielgruppe von Unternehmensseiten halte ich für ein sehr gutes Signal an die Kunden: Wir wollen euch nicht nur beschallen, sondern hören euch auch aktiv zu.

Ich finde hier hat die DB Bahn einen sehr guten Weg eingeschlagen und es dürften ruhig mehr Unternehmen auf diesen Zug aufspringen.

Dazu hatte ich im t3n Magazin Nr. 30 einen ausführlicheren Artikel geschrieben, in dem ich Einkreisungen durch Pages ausdrücklich empfohlen habe:

Google+: So nutzen Unternehmen das Netzwerk clever für ihre Kommunikation

Über den Autor

Falk Hedemann editor

4 Kommentare bisher

Deutsche Bahn bei Google+: Best Practice f&uuml…Eingestellt am3:18 pm - Jul 12, 2013

[…] Die Deutsche Bahn sorgte in diesen Tagen für einige Verwunderung im Social Web. Grund dafür waren zahlreiche Einkreisungen von Personen der offiziellen Pages  […]

daniel mautzEingestellt am12:05 pm - Jul 16, 2013

die ursache für massive kritik an der bahn liegt meiner nach nicht daran, dass es besonders „hipp“ wäre, über die bahn zu schimpfen. es liegt vielmehr an den extremen mängeln im service-angebot, an der angebots-kommunikation und der infrastruktur. ich muss mich immer sehr zügeln, nicht jedes mal meinem frust freien lauf zu lassen. denn dummerweise gibt es auf jeder bahnreise, nicht einen oder zwei, sondern unzählige gründe, sich zu beschweren.

und so lange man das bei der bahn nicht versteht und die probleme mit kompromissloser entschlossenheit wirklich beseitigt, kann man über die sozialen netzwerke zwar immer wieder neue dialog-kanäle anbieten und so zumindest besser und gezielter auf beschwerden reagieren, weniger werden es dadurch mit sicherheit nicht.

aber wahrscheinlich ist das aber auch gar nicht die strategie. für mich sieht es mehr danach aus, dass man die negativen meldungen einfach besser kontrollieren möchte, ein aufschaukeln vermeiden will und dafür entsprechende kanäle anbietet. und das funktioniert bisher gut.

MOSAIQ MEDIA Blog » Megatrend Digitalisierung – Social MediaEingestellt am12:06 pm - Nov 28, 2013

[…] es zahlreiche Beispiele, die Social Media als Chance sehen.  Telekom, Schwarzkopf, OTTO oder die Deutsche Bahn, aber auch kleinere Unternehmen wie die Papageien Bäckerei gehen hier mit gutem Beispiel […]

Social Media Best Case: Deutsche Bahn | Social Media | Kai ThrunEingestellt am9:48 am - Jan 31, 2014

[…] Es wird seine Zeit dauern, bis die große Masse davon Wind bekommt, worüber im Netz heute geschmunzelt wird. Aber wenn sich Menschen finden, die Sessions auf Barcamps halten, dass die Bahn auch pünktlich sein kann und die Zahl der (unbewussten) Markenbotschafter steigt, sehe ich gute Chancen für die Bewältigung von kleineren Krisenfällen ohne großen Aufwand (Stichwort: Selbstbereinigung der Gemeinschaft). Denn auch auf Google+ macht man eine gute Figur. […]

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