Sie haben es tatsächlich geschafft: Die Krautreporter haben 15.000 Unterstützer für ihr ambitioniertes Journalismus-Modell gefunden und können mit einem Etat von 900.000 Euro das angedachte Magazin starten. Ich gratuliere herzlichst und freue mich gleichzeitig für uns alle, denn auch wir haben gewonnen.
Lange Zeit sah es nach einem Rohrkrepierer aus und die Gründe dafür waren längst bis ins letzte Detail analysiert, seziert, wiedergekäut und recycelt. Doch wie so oft im Leben, kommt es am Ende dann ganz anders. Bemerkenswert war der Endspurt auf jeden Fall, das muss man schon sagen.
Mir macht das Mut, denn es zeigt sehr deutlich, dass anspruchsvoller Journalismus auch in Deutschland noch eine Chance hat – selbst wenn kein großer Verlag dahintersteht. Das ist toll. Für mich als Journalisten, aber auch für jeden anderen Unterstützer – und selbst für die, die sich nicht zu einer Unterstützung durchringen konnten. Aber dazu gleich mehr…
Zunächst bleibt mal festzuhalten, dass die Krautreporter ihr Crowdfunding-Ziel erreicht haben – mehr aber auch nicht. Das Magazin kann starten und das ist sehr gut, doch gewonnen haben die Krautreporter bis hierhin lediglich unsere Erwartungen. Und die sind enorm. Immerhin haben sie die Messlatte selbst enorm hochgelegt. Nicht weniger als die Rettung des „kaputten Online-Journalismus“ haben sie uns versprochen. Nun kann man sich trefflich darüber streiten, ob der Online-Journalismus wirklich kaputt ist. Für mich ist er es nicht.
Wer mit Durst vor einem Getränkeautomaten steht, muss schon Geld einwerfen, damit er seinen Durst stillen kann. Tut er das nicht, bekommt er kein Getränk und der Durst bleibt. Aber ist deshalb der Automat kaputt? Ich denke nicht.
Oder mit anderen Worten: Nicht der Online-Journalismus ist kaputt, sondern seine Finanzierung klappt nicht. Zumindest mit den bisher eingesetzten Mitteln nicht. Werbung? Mal ehrlich: Hat das je funktioniert? In irgendeinem Medium? Das Onlinemedium hat nur damit zu kämpfen, dass es transparent ist, während Print, Funk und TV nur indirekte Kennzahlen liefert. Und Paywalls? Auch das funktioniert nicht wirklich, wie viele Beispiele zeigen. Hier liegt das Problem einfach darin, dass zu Beginn des Online-Journalismus erstmal alles kostenlos bereitgestellt wurde. Dieser Fehler war zwar verständlich zu der Zeit, aber er war fatal und lässt sich heute nicht mehr korrigieren. Auch Printprodukte würden in ihrer jetzigen Form kostenlos nicht funktionieren.
Das Crowdfunding der Krautreporter als neues Finanzierungsmodell für Journalismus
Nun zu den Gründen, warum wir uns alle über den Erfolg der Krautreporter freuen sollten. Zuerst einmal ist es ein Sieg der digitalen Netzgemeinde. Wir haben es geschafft den Krautreportern dieses Projekt zu ermöglichen. Darauf können und sollten wir durchaus stolz sein!
Zum anderen könnte das der Beginn einer neuen Art von Journalismus sein. Statt immer mehr von werbefinanzierten Clickbaitinghöllen als Klickvieh behandelt zu werden, gibt es mit den Krautreportern ein werbefreies, vom Leser finanziertes Magazin als Alternative. Natürlich wird sich erst noch zeigen müssen, ob sie den hohen Erwartungen standhalten können. Und auch, ob sie es schaffen die Filterbubble zerplatzen zu lassen oder ob sie ein Rand- und Nischenphänomen bleiben werden. Denn das eine haben sie eben nicht geschafft: Außerhalb des harten Kerns der digitalen Netzgemeinde kennt niemand auch nur den Begriff Krautreporter – fragt mal euren Nachbarn, den Bäcker oder einen Taxifahrer.
Ich bin allerdings auch sehr gespannt, wie sich das alles jetzt weiterentwickelt. Nicht nur das Magazin, sondern auch der Online-Journalismus. Was kommt da an Projekten nach, wer fühlt sich von diesem Erfolg angestachelt und wird der Crowdfunding-Journalismus irgendwann auch Auswirkungen auf die vielen Webportalen mit klickbasiertem Geschäftsmodell haben?
Interessante Gedanken zu den Krautreportern hat sich auch Christoph Kappes gemacht.
Und ich freue mich auch ganz persönlich. Wer mich kennt, der weiß, dass ich zusammen mit Jan Tißler auch für ein Journalismusprojekt einstehe, dass nicht auf möglichst viele Klicks aus ist. Wir lieben das UPLOAD Magazin und brennen für unsere Themen. Wir machen das komplett unabhängig, aus freien Stücken, nebenbei. Dennoch lieben wir unser Projekt jeden Tag mehr und freuen uns sehr über das tolle Feedback, dass wir von unseren Lesern bekommen. Wenn ihr das UPLOAD Magazin noch nicht kennt, schaut es euch einfach mal an.
Wir haben uns in den letzten Monaten sehr viele Gedanken über die Zukunft gemacht. Wie wollen wir UPLOAD künftig betreiben, wie wollen wir es finanzieren und wie sieht unsere Vision aus? Oft sitzen wir dann Abends virtuell zusammen am digitalen Lagerfeuer und lassen unseren Ideen freien Lauf. Bislang haben wir eine Taktik der kleinen Schritte gewählt, aber mein Gefühl sagt mir, dass die Schritte langsam größer werden.
Über direktes Crowdfunding haben wir uns noch keine Gedanken gemacht, ich halte das für ein Sideproject auch nicht für gerechtfertigt. Aber unsere Leser können uns auch unterstützen – wir freuen uns über jeden Leser, der uns damit signalisiert, dass er unsere Arbeit schätzt uns sie für unterstützenswert hält. Vielen Dank dafür 🙂
Wir sind aber noch nicht am Ende unserer Ideen angelangt. Eher stehen wir gerade am Anfang. Die nächsten Monate werden sicher aufregend…
More to come…