Content Marketing ist ein einziges Missverständnis. Vor allem in den Unternehmen herrschen dazu mehr Mythen und falsche Erwartungen als valides Wissen. Dabei gibt es einen markanten Faktor, der mit den meisten Problemen in der Umsetzung radikal aufräumt, wenn er erst verstanden und verinnerlicht wurde. Es geht um die Perspektive!
Eigentlich ist Content Marketing nichts Neues. Ihr alle kennt den Guide Michelin, der seit den 1920er Jahren Sterne an Hotels und Restaurants verteilt. Aber warum macht ein Reifenhersteller sowas? Die Antwort ist ganz einfach: Die Michelin-Brüder André und Édouard haben sich Gedanken darüber gemacht, was für ihre Zielgruppe interessant sein könnte. Damals fuhren in Frankreich noch nicht so viele Autos und folglich wurden auch nicht allzu viele Reifen benötigt. Ein Auto besaß nur die Oberschicht, die sich aber weniger für solch profane Dinge wie Autoreifen interessierte. Statt also Werbung mit der Botschaft „Wir haben die tollsten Reifen!“ zu schalten, nahmen die Michelin-Brüder einen Perspektivwechsel vor und fragten sich: Was wären für uns nützliche und interessante Informationen, wenn wir nicht nur ein Auto, sondern auch sonst schon alles hätten?
Ihre Antwort lautete: Reisen und gutes Essen. Perfekt, denn damit gab es sogar eine indirekte Verbindung zu ihrem eigentlichen Produkt. Als Content-Produkt sprang letztlich der Guide Michelin heraus, für den sie später sogar eine Schutzgebühr verlangen konnten. Für mich ist der Guide Michelin das beste Beispiel für gelungenes Content Marketing. Er hat einen so hohen Nutzwert für die Zielgruppe, dass diese sogar dafür bezahlt. Den Wettbewerb zwischen den Hotels und Restaurants lasse ich an dieser Stelle mal außen vor.
Spätestens mit den Reichweiteneinbrüchen der Unternehmensseiten bei Facebook ist Content Marketing auch im digitalen Bereich total angesagt. Viele Agenturen und Einzelkämpfer versuchen das Eisen zu schmieden, solange es heiß genug ist. Doch wenn man die Diskussionen der letzten Wochen intensiv verfolgt hat, bekommt man schnell den Eindruck, dass das Eisen bereits spürbar abgekühlt ist. Exemplarisch seien hier nur die Ergüsse des Jung-von-Matt CEOs Thomas Strerath genannt, der sich gefühlt wöchentlich auf unterschiedlichen Bühnen zu Wort meldet und immer wieder in die gleiche Kerbe schlägt:
- „Als Alternative zu klassischer Werbung taugt Content Marketing nicht“.
- Thomas Strerath über die Content-Lüge.
- „Die Masse an Inhalten ist heute zu groß, als dass einfache redaktionelle Content-Produktion ausreichen würde, um Kunden zu gewinnen“.
Es gibt noch mehr Weisheiten dieser Art, auch von anderen Agenturlern. Mich wundert das weniger, schützen sie damit doch ihr eigentliches Geschäftsmodell: Werbung.
Was Strerath hier macht ist übrigens nichts anderes als Content Marketing – warum setzt er hier eigentlich keine Werbung ein?
Was ist das Wichtigste beim Content Marketing?
Diese Frage stellte ich bei Facebook und bekam viele gute Antworten:
- Gesprächspartner
- mitreißende Geschichten
- Content
- Für den Interessenten/Kunden relevanter, nutzbringender und möglichst individuell auf ihn zugeschnittener Content
- den Kunden ernstzunehmen, ihn zu verstehen und dann nutzergerecht anzusprechen.
- zu begreifen was es überhaupt ist und es konsequent durchgeführt wird.
- Eine Geschichte
- Unterhaltung
- Qualität des Content bzw. die Aufarbeitung des Themas.
- Kontinuität
- der Kunde und seine Wünsche.
- Für eine Marke sind verbindlich interessierte und informierte kompetente Leser, die sich regelmäßig informieren lassen möchten und die auch mal kritisch nachfragen wichtiger, als unendlich große Reichweite durch für die Marke irrelevante Eintagsfliegenfans, die durch übertriebenes SEO angelockt wurden.
- Inhalt, zielgenau und wirkungsvoll.
- Katzen und Einhörner!
- das redaktionelle konzept. halt ich für das wichtigste, spannendste und herausfordernste.
- Hör auf deine Zielgruppe zu nerven und fang endlich an Nutzwert, Inspiration und Unterhaltung zu bieten!
- Mehrwert (z.B. Information oder Unterhaltung) für den Nutzer / Kunden, der dem Unternehmen im Gegenzug mit Aufmerksamkeit und Loyalität „dankt“.
- Themenfindung, Content-Produktion, Content-Outreach & Content-Promotion. Langfristig Strategie. War jetzt auf die Tätigkeiten bezogen
- Das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
- Nachhaltigkeit des Konzeptes. Denn: Kommt der neue CMO stirbt das alte Konzept.
- Unterhaltung und / oder Mehrwert.
- Infotainment
- Relevanz!
- Qualität auf allen Ebenen.
- einen Plan.
- Der Endkunde/Verbraucher/Konsument.
- der Kunde und ein qualitativ guter Content, der sein Interesse weckt und auf die unterschiedlichen Kanäle abgestimmt ist.
- Authentizität.
- Verzahnung von Storytelling, Performance Marketing, SEO, Usability und Inhalten – und um die richtige Symbiose von Strategie und Umsetzung.
- Eine ordentliche Strategie zu haben
- Mehrwert.
- Relevanz
- Traffic. Impliziert vieles, was hier genannt wurde.
- Guter Content.
- Dass es uniquer Content ist.
- Das Wichtigste ist der Erfolg, der sich einstellt, wenn gründliche strategische Planung, Kreativität und gute handwerkliche Umsetzung aufeinandertreffen, und der gemessen wird am Grad der jeweiligen Zielerreichung.
- Klare Zieldefinition und ein gesundes Maß zur Selbstkritik, denn der Fisch muss ja nicht dem Angler schmecken.
- Ohne gute Organisation ist alles _nichts_.
- Bevor man was „raushaut“ über Goethe’s Satz „Lieber Freund, ich hatte leider heute keine Zeit, Dir einen kurzen Brief zu schreiben“ nachzudenken.
- Die Erkenntnis, dass einfach jeder der irgendwo irgendwas mit Marketing macht dieses nun als Content Marketing bezeichnet
- Content Marketing ist auch nur Marketing
- Inhalte, die mir weiterhelfen oder die mich unterhalten.
- Inhalte
- Das Wichtigste ist der Inhalt, wenn er nicht relevant und interessant ist, kann die Strategie ihn an den Empfänger zu bringen noch so ausgeklügelt sein, er wird dennoch „ungehört“ verhallen.
- „Die Kunst der digitalen Verführung“.
- Den guten Ruf mit (hoffentlich) hilfreichen Inhalten aufzubauen.
- Das wichtigste ist, dass mindestens eine Person außerhalb des Unternehmens aufrichtig dankbar ist für Deine Arbeit und Dich dafür nach Möglichkeit lange nicht vergisst! Wenn Du das erreichst, bist Du auf einem guten Weg!
- Trust noone.
- Geduld
- Die Aussage oder der Sinn der Inhalte.
- Passion
- Spannende Themen ohne Floskel-Bla-Bla
- Dass der Content mich findet
- … (es kommen noch weitere Antworten dazu)
Besonders häufig genannt wurde guter Content, Mehrwert, Relevanz und Storytelling. In unterschiedlicher Gewichtung halte ich aber alle genannten Punkte für richtig und wichtig (okay, die Katzen und Einhörner lassen wir mal außen vor 😉 ), doch selbst wenn all diese Punkte stimmen, kann das Content Marketing noch kolossal scheitern. Wer entscheidet denn, welche Inhalte gut sind, was einen Mehrwert darstellt, was wirklich relevant ist und welche Geschichten begeistern?
Schaut man sich Content-Marketing-Projekte mit diesen Fragen im Kopf an, so lautet die Antwort leider noch oft: Das Unternehmen!
Es wird oft krampfhaft versucht, Mehrwert und Relevanz in eine Geschichte zu pressen, die sich um das Produkt dreht. Viel zu selten wird ernsthaft die Frage gestellt: Warum sollte mich der Content als Konsument/Interessent/Kunde interessieren? Also wirklich interessieren und nicht Interesse im Sinne einer Kaufabsicht. Denn es ist schlicht ein Mythos, dass die Konsumenten nur von ihrer Kaufabsicht geleitet werden.
Das Wichtigste für eine erfolgreiche Content-Marketing-Strategie ist die Perspektive!
Am besten auf den Punkt gebracht hat dies Alexander Hopstein:
Wer sich als Marke nicht in die Situation der Kunden versetzen kann oder noch schlimmer, die Situation des Kunden immer mit einem Kaufwunsch assoziiert, der wird scheitern.
Und wie geht das nun genau?
Wer wirklich Mehrwert, Relevanz und einfach guten Content erzeugen will, der muss den Perspektivwechsel schaffen und raus aus der Companydenke. Bei der Umsetzung jeder Themenidee muss dann die Frage lauten: Würde mich das auch interessieren, wenn ich nichts mit der Marke zu tun hätte? Wer diese Frage nicht ehrlich beantworten kann, sollte sich nicht scheuen, Hilfe von außen zu holen. Das können Bekannte und Freunde sein, das können aber auch Bestandskunden sein, zu denen man einen guten Kontakt hat. Eine weitere Möglichkeit ist die Einbindung externer Redakteure, die sich mit den Themen auskennen, aber keine Unternehmenshistorie mit sich herumschleppen.
Warum gelingt das so selten?
Zunächst muss eine Marke erst einmal verstehen, dass es im Content Marketing nicht um ihre Sicht auf die Themen geht. So einfach sich das in der Theorie auch anhört, in der Praxis ist der Perspektivwechsel hin zu einer kundenorientierten Sicht auf den eigenen Content nicht einfach. Gerade weil Content Marketing oft in bestehende Units gestopft wird, die jahrelang in Kampagnen gedacht haben. Die Zielgruppe mag ja auch ähnlich bis deckungsgleich sein, doch die Mechanismen und Instrumente könnten nicht unterschiedlicher sein. Kampagnen sind kurzfristige Marketing-Taktiken, die sich unmittelbar auswirken (wenn die Kampagne gut ist). Content Marketing dagegen ist ein langfristiges Invest in eine Strategie zur Kundenbindung.
In der Praxis werden gute Ansätze leider immer wieder Opfer von Missverständnissen. Guter Content braucht Planung, Kreativität und reichlich Knowhow. Daher ist es ein Trugschluss, dass ein Corporate Blog ein vergleichsweise günstiges und einfach umzusetzendes Projekt ist. Gutes Content Marketing braucht Ressourcen. Für gutes Personal. Für Schulungen. Für Multimedia (Bilder, Videos, Infografiken…). Für die Distribution. Für die Infrastruktur. Trotzdem gibt es oft kein eigenes Budget und das Content Marketing hängt am Tropf der PR oder des CMOs. Die Erwartungen sind dennoch riesig und werden fast schon zwangsläufig schnell und zuverlässig enttäuscht.
Content Marketing ist auch kein Ersatz für PR oder Vertriebsmarketing. Dennoch werden in der praktischen Umsetzung aus dieser Richtung schnell erste Begehrlichkeiten geäußert. Gibt es dann eine Budgetabhängigkeit, gerät das Projekt schnell in eine inhaltliche Schieflage, die die eigentlichen Ansprüche nicht mehr erfüllt. Trotzdem werden solche Projekte intern oft besser bewertet, weil sie sich mit einem werblichen Charakter innerhalb des Unternehmens besser legitimieren lassen.
Ändern lässt sich das entweder durch eine verlässliche und autarke Budgetierung oder über eine umfassende Aufklärung der Entscheidungsträger. Letztere müssen das aber auch selbst wollen und das Neue annehmen und akzeptieren – was nicht immer klappt.
Was sind eure Erfahrungen? Wo liegen die Knackpunkte bei der Umsetzung von Content Marketing und was wird oft noch falsch gemacht?
7 Antworten zu “Der wichtigste Faktor im Content Marketing”
[…] http://www.falkhedemann.de/2016/04/06/der-wichtigste-faktor-im-content-marketing […]
Sehr schöne Auflistung und Darstellung, hilft mir echt weiter! Danke!
[…] der letzten Woche war ich dann allerdings wirklich verwundert, denn ich hatte meinen Beitrag „Der wichtigste Faktor im Content Marketing“ versuchsweise mal zusätzlich bei Medium publiziert (warum und was ich dabei gelernt habe, […]
„Content Marketing ist auch kein Ersatz für PR oder Vertriebsmarketing.“
Kann es nicht sein, da strat. Content Marketing übergeordnet für ALLE Bereiche gelten sollte. Jeder für sich erzeugt Content, der strategisch genutzt werden kann.
Die Erfahrung aber zeigt: viele Geschäftsführer oder Vorstände (die meist keinen Marketing-Background haben) gaukeln Verständnis vor, wenn es aber dann keinen messbaren ROI gibt, wird mittelfristig oft panikartig wieder das Standardmodell des Marketings gewählt und es herrscht unstrategisch ausgerichteter Aktionismus pur. Es zeigt sich dann, dass oft doch das Verständnis nicht da ist. Manchmal sehr frustrierend.
Ich habe auch schon den ein oder anderen kritischen Artikel in Bezug auf Content Marketing gelesen, ähnlich denen die im Artikel genannt werden. Teilweise konnte ich es nachvollziehen, wenn argumentiert wurde, dass man durch gezielte Werbung eher Neukunden erreichen kann als mit einem Unternehmensblog. Der Blog benötigt schließlich auch Zeit und Personal und verursacht so Kosten, die vielleicht bei Adwords besser aufgehoben sind. Auf der anderen Seite wirken gute Inhalte nachhaltiger und erreichen vielleicht auf Jahre gesehen noch interessierte Leser, ohne dass dafür Kosten anfallen. Hilfreich finde ich auf jeden Fall den Ansatz, Content Marketing vor allem aus Sicht des Kunden zu gestalten und nicht des Unternehmens, um so keine Inhalte zu produzieren, die womöglich uninteressant wirken.
Strategie ist immer eine gute Idee, setzt halt nur voraus, dass die ManagerInnen auch wissen was das ist. Bei manchen hat man den Eindruck, die Strategie ist dieses heilige Ding in der Mgmt-Bibliothek aber wenn wir Geschäft wollen, machen wir schnell eine Taskforce und wir verkaufen plötzlich Pizza oder bekleben alle Fenster mit dem gleichen Etikett (soll es geben).
Ich denke Content ist immer dann King, wenn das Publikum Content braucht. Der Blog ist kein Werbungsthema, ganz im Gegenteil: Wenn im Blog der Geruch von Werbung aufkommt, wird er fragwürdig. Wie ein Sachbuch, in dem plötzlich Werbung kommt. Gerade im Marketing gibts aus meiner Sicht nur strategisches Handeln. Ziel, Strategie, Qualität, Geduld, best effort. Und man hat ja noch immer die KundInnen, um in Dialog zu gehen und spätestens dann sollte Bewegung in die richtige Richtung für ein nervöses Management sichtbar werden
Der Vergleich mit der Taskforce ist tatsächlich ziemlich gut. Sorgt genau dieses überstürzte Handeln, ohne Struktur für viel Verruch innerhalb der SEO Branche. Jeder ist hier ein Experte und weiß genau wie Google funktioniert. Manchmal glaube ich das große G ist sich selber nicht einig wo es hin möchte.
Ich sage nur die Änderung an den Titeln.
Alles ändern. Zwei Wochen später, Kommando zurück. Alles wieder zurück ändern. Danke fürs nichts außer mehreren Stunden verlust.