Wer sich mit dem Publizieren im Internet beschäftigt, wird nicht um die Frage herum kommen, wie die eigenen Inhalte im Internet finanziert werden können. Ein leidiges Thema, gerade für kleinere Verlage oder auch Blogger. Eine Mitschuld tragen daran die großen Player im Social Web. Da Facebook, Twitter und Google+ immer mehr zur Verbreitung von Inhalten beitragen und dem Nutzer nichts kosten, verstärken sie die Kostenloskultur. Pro-Accounts könnten die Lösung für dieses Problem sein und alle Seiten gleichermaßen glücklich machen.
Finanzierungsmodelle im Internet
Wer heute als Publisher im Internet agiert, hat es nicht unbedingt leicht. Technisch gesehen haben Open Source Systeme wie WordPress, TYPO3 oder andere Content Management Systeme die Tür für ein freies und offenes Internet weit aufstoßen. Früher war es den großen Medienunternehmen und Verlagen vorbehalten, Informationen ins Internet zu stellen. Spätestens mit den Blogs der frühen Web 2.0 -Welle änderte sich das grundlegend. Jeder, der sich einen eigenen Webspace leisten konnte und wollte, hatte nun die Möglichkeit seine Gedanken mit der digitalen Gesellschaft zu teilen und mit Gleichgesinnten über Blogs zu diskutieren. Heute geht das auch ganz ohne zusätzliche Kosten, ein Internetanschluß genügt.
Der zweite Schritt bei den Blogs ist bis heute nicht vollendet. Während es in den USA eine Vielzahl an Berufsblogger gibt, die auch sehr gut vom „Ich schreib ins Internet“ leben können, wird man als Blogger in Deutschland in der Regel, also außerhalb der Blogosphäre, eher selten ernst genommen. Das liegt unter anderem auch daran, dass sich nur wenige Blogger ihren Lebensunterhalt komplett mit ihren Blogs verdienen können. Viele Blogger gehen daher einer weiteren Beschäftigung nach. Erfreulich ist hier immerhin, dass es gefühlt immer mehr Blogger werden, die mit ähnlichen Jobs den fehlenden Teil ihres notwendigen Einkommens dazu verdienen.
Dennoch bleibt es für Blogger schwer, denn viele Möglichkeiten zur Finanzierung eines Blogs gibt es nicht. Es gibt AdWords, Werbebanner, Affiliates, Flattr und bezahlte Blogbeiträge über die verschiedenen Anbieter wie Trigami und Co. Für welchen Mix sich ein Blogger auch entscheiden mag, in den meisten Fällen wird der Ertrag den Aufwand nicht decken können. Das ist zwar auch nicht immer notwendig oder vom Blogger gewollt, aber wenn doch, wird der Erfolg dadurch gefährdet, dass alle Möglichkeiten (von Flattr mal abgesehen) eine Form von Werbung sind. Und Werbung ist für viele Netzbesucher einfach unerträglich. Sie installieren sich einen AdBlocker und wettern gegen Affiliates und bezahlte Blogposts. Sie sind in der Phase des Internets groß geworden, in der das Internet zu einer digitalen Parallelgesellschaft mutierte, in der alles nichts kostete. Das darf sich natürlich nicht ändern, denn das wäre der Untergang des freien Internets. Unsinn, das Gegenteil ist der Fall.
Die Kostenloskultur führt zu einer unentdeckten 2-Klassen-Gesellschaft
Als ich gestern bei Google+ fragte, wie es bei meinen Followern denn mit der Akzeptanz kostenpflichtiger Pro-Accounts aussehe, bekam ich wenig überraschend überwiegend ablehnende Antworten. „Das würde die 2-Klassen-Gesellschaft weiter vorantreiben“ hieß es zum Beispiel. „Man solle sich lieber überlegen, was denn die sozialen Netzwerke uns zahlen müssten“ lautete eine weitere Antwort. Ich sehe das anders.
Nehmen wir mal Facebook als Beispiel. Die Nutzung ist für den Otto-Normalnutzer wie für Unternehmen kostenlos, einen Pro-Account gibt es nicht und wird es wohl so bald auch nicht geben. Facebook hat im letzten Jahr Google vom Spitzenplatz bei der Nutzungsdauer abgelöst. Das wundert ja auch nicht, denn bei Facebook hält man nicht nur Kontakt zu seinen Freunden, sondern man bekommt Neuigkeiten aus den Weiten des Webs per Push, muss also nicht mehr aktiv danach suchen, kann chatten, Videos ansehen, Spiele spielen, Fotos mit anderen teilen und mehr. Wer will, kann praktisch sein komplettes digitales Wirken bei Facebook vollbringen, kostenlos. Dass es da kostenpflichtige Dienste schwer haben, dürfte niemanden ernsthaft verwundern. Facebook ist der Grundpfeiler der Kostenloskultur und mitverantwortlich dafür, dass Paid Content nicht funktioniert.
Das Finanzierungsmodell Facebook funktioniert aber nur ab einer bestimmten Größe, für kleinere Plattformen bleibt da kein Platz. Sie hätten nur die Möglichkeit der Finanzierung über Nutzungsgebühren und das ist durch die von Facebook etablierte Kostenloskultur schlicht unrealistisch.
Aber nun die Überraschung: Facebook ist gar nicht kostenlos! Die Nutzer zahlen mit ihren Daten!
Das machen sie freiwillig, mehr oder weniger. Bekannt sein sollte es zumindest so langsam. Nur mit den Daten der Nutzer kann Facebook überhaupt eine so gigantische Plattform finanzieren – ohne Nutzerdaten kein Facebook. Die breite Masse scheint das nicht zu stören oder sie ignorieren es erfolgreich, denn wer würde schon gerne auf Facebook verzichten wollen.
Was mich brennend interessieren würde: Wie viel Geld müsste Facebook von jedem Nutzer verlangen, wenn sie damit und nicht mit den Daten die Plattform finanzieren wollten? Ich glaube nicht allzu viel, die Masse von 800 Millionen Nutzern macht es möglich. Ein Szenario könnte sein, dass Facebook von den Unternehmen für einen Pro-Account deutlich mehr verlangt und damit die Nutzer-Pro-Accounts subventioniert. Dafür würden den Unternehmen, Marken und Organisationen dann auch ein Support geboten, den sie jetzt meist nicht bekommen. Hier gibt es nämlich aktuell eine klare 2-Klassen-Gesellschaft: Wer viel in seine Fanpages investiert, bekommt offizielle Unterstützung, wer nicht, der nicht.
Die Vorteile von Pro Accounts im Social Web
Was wäre das für ein Aufschrei im Web, wenn sich Facebook, Twitter oder Google+ erdreisten würden, einen kostenpflichtigen Pro Account anzubieten!
Völlig egal, was für ein Mehrwert daran geknüpft wäre, die breite Masse würde einen Pro Account ablehnen und die Plattform allein schon deshalb hassen, weil sie einen solchen Schritt überhaupt gewagt hat. Dabei liegen die Vorteile auch für den Nutzer doch offen auf der Hand. Streaming-Angebote wie Spotify und Netflix haben es vorgemacht und den großen Bedarf bei den Konsumenten bereits bewiesen. Facebook wird beides integrieren und auch wenn es in Deutschland noch rechtliche Hürden zu überwinden gilt, bleibt zu hoffen, dass auch wir irgendwann in den Genuss solcher Mehrwert-Features kommen. Im Falle von Spotify ist die Verknüpfung schon so weit fortgeschritten, dass für einen Spotify-Account jetzt ein Facebook-Account notwendig ist.
Die Frage, die man sich unwillkürlich stellen muss: Warum hat Facebook Spotify nicht einfach geschluckt? Ganz einfach. Spotify kostet Geld, die Nutzer zahlen dafür. Würde das auch noch klappen, wenn auf der Überweisung Facebook als Zahlungsempfänger stehen würde? Ich glaube nicht! So bleibt es dann bei den wie auch immer gearteten Kooperationen, bei denen zwar Spotify draufsteht, aber wohl auch eine große Portion Facebook drinsteckt.
Weitere denkbare Mehrwerte für Facebook wären Funktionen wie werbefreie Profile, Besucherstatistiken und Support. Sicher habt ihr da auch noch weitere Ideen, die ihr gerne in den Kommentaren ergänzen könnt.
Auch für Twitter gibt es denkbare Mehrwerte, die einen kostenpflichtigen Account legitimieren würden. Statistiken zu Profilbesuchern, Followern und Klickraten könnten um eine Editfunktion und einer Aufhebung sämticher API-Limits einen Anreiz gerade für Unternehmen bieten.
Google+ hat zusätzlich noch die Games als Trumpf. Schafft es Google hier die Qualität im Vergleich zu Facebook deutlich anzuheben und die Masse für die Games zu begeistern, könnten die Topspiele für Pro-Accounts genutzt werden.
Fazit: Pro-Accounts im Social Web wären eine Revolution!
Ich würde Pro-Accounts sofort unterstützen, wenn der Mehrwert stimmt, aber auch sonst. Ich würde damit einfach die Arbeit der Personen hinter der Plattform würdigen, denn wer arbeitet schon gerne für nicht? Zudem würde sich damit langfristig eine andere Kultur im Internet bilden. Nicht alles müsste dann noch kostenlos sein. Auch kleine Unternehmen, Verlage, Blogger könnten ihre Inhalte und Dienste, genügende Qualität vorausgesetzt, dann monetarisieren ohne dafür als Abzocker stigmatisiert zu werden. Es wäre sicher ein Paradigmenwechsel, denn Dinge, die bisher immer kostenlos abgegeben wurden, würden plötzlich was kosten. Aber sie würden dann auch wieder einen realen Wert bekommen. Eine schwierige aber dennoch logische Entwicklung, denn nichts, was es heute kostenlos gibt, hat keine Kosten verursacht. Jeder Newsartikel, jeder Blogpost, jedes Video und jedes kleine Spielchen hat mindestens Zeit gekostet, oft auch andere Ressourcen.
Ich bin der Meinung, dass solche Leistungen bezahlt werden sollten! Was meint ihr?
Kai Thrun hat bereits seine Meinung zum Thema „Pro-Accounts im Social Web“ abgegeben und zwar als Blogpost unter dem Titel „Der unangetastete Geldtopf sozialer Netzwerke“. Darin betrachtet er das Thema aus Sicht der sozialen Netzwerke und macht ihnen eine interessante Rechnung auf. Aber schau einfach selbst…
7 Antworten zu “Pro-Accounts im Social Web: Warum Facebook, Twitter und Google+ was kosten sollten”
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noch zahle ich für Xing, aber die verkaufen und benutzen meine gesamten Daten, all meine Hilfeantworten, all meine Texte, die ich dort einstellte für ihren Profit,
soll ich jetzt ernsthaft noch jemanden Geld zahlen, dass er meine Daten um sauteures Geld verkauft?
fb macht ca 100Dollar/Monat pro Nutzer, und Du magst dafür noch zahlen?
ich versteh das nicht, die sollten mir bezahlen, dass ich für sie arbeite
Ich war vor langer Zeit im Chat von Lycos angemeldet. Der bezeichnete sich seinerzeit als den weltgrößten kostenlosen Chat der Welt. Irgendwann kamen die auf die Idee, die kostenlosen Angebote zu beschneiden und diese in Premiumpaketen anzubieten.
So konnte man als kostenloser Nutzer nur noch 10 Intra-Mails pro Tag schreiben oder sein Profil nicht so toll mit Grafiken pimpen, wie mit einem Premiumpaket. Außerdem bekam man mit dem Premiumpaket einen Spion, der einem sagte, wer das eigene Profil besucht hat und und und…
Für mich waren solche Dinge völlig uninteressant, aber es gab haufenweise Leute, die Monat für Monat Geld für so sinnlose Sachen „rausgeworfen“ haben.
Bei Favstar zahlen Leute Geld, um bessere Statistiken, längere Tweet-Übersichten zu haben oder um Tweets als „Tweet des Tages“ zu kennzeichnen.
Es gibt also definitiv einen Markt für Funktionen, die eigentlich kein Mensch braucht. Aber Leute geben ja sogar Geld bei eBay aus, um schneller an eine spezielle Rüstung für WoW zu kommen.
Solange man keine essentiellen Funktionen durch Premiumangebote beschneidet, dürfte es keinen stören, dass es sie gibt…
Ich bin ganz klar gegen Pro-Accounts, einfach weil es unsinnig ist. Die sozialen Netzwerke finanzieren sich durch Nutzerdaten und Werbung, wer Werbung auf Facebook nicht will, nutzt einen Werbeblocker, wo ist da das Problem?
Wäre Werbung wirklich die einzige Einnahmequelle von Facebook, wäre das etwas anderes. Sponsored Tweets auf Twitter finde ich nur nervig, sei bringen keinen Mehrwert für mich → Filter.
Bei Google+ les ich hauptsächlich, Google wird das Netzwerk aber vermutlich in den nächsten 10 Jahren nicht kostenpflichtig machen oder Pro-Accounts anbieten, denke ich – das hat die Firma einfach nicht nötig.
Was mich besonders stört:
„Ein Szenario könnte sein, dass Facebook von den Unternehmen für einen Pro-Account deutlich mehr verlangt und damit die Nutzer-Pro-Accounts subventioniert. Dafür würden den Unternehmen, Marken und Organisationen dann auch ein Support geboten, den sie jetzt meist nicht bekommen. Hier gibt es nämlich aktuell eine klare 2-Klassen-Gesellschaft: Wer viel in seine Fanpages investiert, bekommt offizielle Unterstützung, wer nicht, der nicht.“
Mal anders gefragt: Wofür braucht man bei einer Fanpage Support? Entweder man weiß, was man will und wie man es umsetzt, oder eben nicht. Das ist bei normalen Websites nicht anders; wenn man nicht weiß, wie man etwas umsetzt, lernt man es entweder oder bezahlt jemanden, der sich damit auskennt.
Ich finde aber nicht, dass Facebook dafür Mitarbeiter zur Verfügung stellen sollte.
Ansonsten: Werbung ist auf den meisten Websites einfach übertrieben nervig, ich will schlichtweg keine Flashwerbung, die die ganze Zeit neben dem Text herblinkt, den ich lese. Ich will keine Javascript-Overlays, die bei einem Klick auf schließen gleich noch eine Werbewebsite öffnen. Das sind alles Methoden, die bei den Likejacking-Seiten verbreitet (d.h. Seiten, die einen Klick auf einen „Gefällt mir“-Button und evtl. Teilen erzwingen oder per unsichtbaren Overlay unbemerkt auslösen) sind und deshalb nochmal einen negativen Beigeschmack haben, mal ganz abgesehen vom Spamcharakter (den ich mit meinem StopScam-Projekt auch irgendwie zu bekämpfen versuche).
Dezente Werbung, z.B. Textlinks (mit Hinweis, dass es sich um Paid-Links handelt und diese auch für Suchmaschinen entsprechend gekennzeichnet sind) oder auch Animationen, die nicht weiter beim Lesen stören, sind für mich kein Problem. Dennoch werden diese zum Großteil (leider) auch geblockt, weil ich zu faul bin, für diese eine Whitelist anzulegen.
Wenn alle nach diesen einfachen Regeln spielen würden, hätte jeder etwas davon, aber so ist jeder unglücklich: Der Betreiber mit der störenden Werbung, weil er kein Geld bekommt, ich als Besucher, der durch zu viel Werbung verärgert wird/wurde und der Betreiber einer „guten“ Seite mit nicht ganz so viel Werbung, welche aber durch zu allgemeine Filterregeln ebenfalls geblockt wird, wodurch ebenfalls keine Einnahmen entstehen.
Ich weiß nicht, aber Werbung auf meinem kleinen Blog? Kann ich mir nur sehr dezent vorstellen. Vielleicht 30 Pixel Höhe zwischen den Posts auf der Hauptseite sowie bis zu 50 Pixel über dem Post auf Permalinkseiten könnte ich mir noch vorstellen, aber mehr wollte ich da nicht haben.
Und das selbstverständlich kontext-sensitiv — ich blogge über soziale Netzwerke, Internet im Allgemeinen usw., eine Waschmaschinenwerbung bringt meinen Besuchern da gar nichts.
TL;DR: Gegen Pro-Accounts in sozialen Netzwerken, gegen störende Werbung, für dezente, wohlplatzierte und für den Besucher u.U. nützliche Werbung.
[…] Pro-Accounts im Social Web: Warum Facebook, Twitter und … […]
[…] möchte ich mit einem sehr interessanten Artikel von Falk Hedemann machen, welcher lautet: “Pro-Accounts im Social Web: Warum Facebook, Twitter und Google+ was kosten sollten“. Im Zentrum des Artikels steht die “Kostenloskultur“, welche durch Plattformen […]
Ich glaube nicht, dass facebook oder twitter es nötig haben, bezahlte Accounts einzuführen. Ich für meinen Teil finde die Werbung bei facebook ehrlich gesagt auch gar nicht so störend, sondern sie erinnert mich an die Werbung von google adwords, die man bei jeder Suche über google angezeigt bekommt.Im Grunde achtet man schon gar nicht mehr darauf. Ein Anreiz wäre es für mich bei facebook aber zum Beispiel, einen Pro-Account zu erwerben, bei dem keinerlei Daten gespeichert werden. Dies ist aber wohl ein utopisches Vorstellungsmodell